
Unser selbstverwaltetes Jugend- und Kulturzentrum in der Nürnberger Südstadt, das Projekt 31, hat es geschafft und bleibt vorerst für die nächsten 40 Jahre erhalten. Wir sind unglaublich froh, euch endlich verkünden und ausführlich erzählen zu können, was über Jahre hinweg erkämpft und in den letzten Monaten in intensiven Prozessen finalisiert wurde. Im Januar 2026 endet unser aktueller Mietvertrag, doch das Projekt 31 zieht nicht aus, es wird bleiben! Der Kampf um das Überleben dieser besonderen selbstverwalteten Struktur geht dennoch nicht zu Ende und braucht ab jetzt tagtäglich neues Herzblut, neue Ideen, neue Power, neue Menschen und neue Kreativität. Wir bleiben, aber können es nur gemeinsam schaffen. Doch zuerst lest hier genauer, was bisher geschah, wofür wir euch danken und wie es jetzt weiter geht:
Das P31 als selbstverwalteter Ort in der Nürnberger Südstadt
Seit Anmietung der ehemaligen Kfz-Werkstatt 2011, dem dreijährigen Umbau in Eigeninitiative und besonders seit der Eröffnung im Jahr 2014 bietet das Projekt 31 seit mittlerweile über 10 Jahren Raum für subkulturelles Zusammensein. Es ist ein Raum frei von Konsumzwang, zum Treffen auf Augenhöhe, zur Vernetzung und zum gemeinsamen Austausch. Ein Raum für Konzerte, politische Bildungsvorträge, die wöchentlich stattfindende vegane Volksküche „VAPCA“, Nachbarschaftsangebote wie „Kaffee und Kuchen“ oder verschiedenste Workshops. Das P31 wird in Eigeninitiative und durch freiwilliges, möglichst hierarchiearmes Engagement jener getragen, die das Haus auch nutzen. Emanzipatorische Ideen und ein solidarisches Miteinander werden im P31 erprobt, um Alternativen zur kapitalistischen Verwertungslogik sowie der damit einhergehenden Vereinzelung und gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen zu entwickeln.
Keine Krise ging am Projekt 31 vorbei
Das Projekt 31 kämpfte seit dem Verkauf der Immobilie an die Investmentfirma AAA+ Fertigbau GmbH im Jahr 2018 um sein Überleben. Diese wollte das Haus abreißen, um Luxuswohnungen und einen Parkplatz an dieser Stelle zu errichten. Konfrontiert mit widrigsten Umständen, wie einer Räumungsklage mitsamt juristischem Prozess in den Jahren 2020 und 2021, den das Projekt schließlich gegen die AAA+ um 5 weitere Jahre Mietvertrag gewann, sowie einer Kellerüberflutung infolge von Hochwasser im Jahr 2023, trotzt unser Kollektiv seit Jahren jeder neuen Krise. Einfach und ein Spaß war all dies jedoch wahrlich nicht. Die Zeit, die hinter uns liegt, wurde durch all diese Faktoren erschwert. Nicht zuletzt auch durch zögerliche oder gar blockierende Akteur*innen der Kommunalpolitik, die einen subkulturellen und selbstverwalteten Ort wie das P31 lange nicht oder nie aus eigenen Stücken bereit waren, zu erhalten. Erst in Folge eines langen politischen Kampfes sowie durch öffentlichen Druck und gelebter Solidarität war sie schließlich zu den nötigen Unterstützungsentscheidungen bewegt.
Don’t go breaking my heart und stayin’ alive
Nichtsdestotrotz gab es über all die Jahre so viele Menschen, die keinen einzigen Tag auf ihren selbstverwalteten Raum in der Südstadt verzichten und diesen erhalten wollten. Kampagnen wurden gestartet, alternative Objekte in Form von Leerständen oder auf dem Markt verkäufliche Immobilien im Stadtgebiet gesucht, ein riesiges Straßenfest veranstaltet, Demonstrationen zusammen mit anderen solidarischen oder selbst bedrohten kulturellen Räumen in Nürnberg organisiert, Runde Tische mit Politiker*innen abgehalten, zahlreiche Listen mit Vorschlägen an das Liegenschaftsamt geschickt, sich über tausende von Plena gemeinsam den Kopf zerbrochen, Interviews mit Presse und Fernsehen geführt, ein Dokumentarfilm wurde gedreht, dutzende Bands und Künstler*innen solidarisierten sich über Medien inmitten der Pandemie, der Kulturpreis an das P31 wurde verliehen und vieles mehr. Als die große Suche nach alternativen Häusern und die vergebliche – lange ungehörte – Forderung nach Unterstützung durch die Stadt Nürnberg kein Ergebnis brachte, beschlossen wir im Jahr 2022, unser Haus an den Rampen 31 gemeinsam mit Eurer Hilfe und 1000×1000 Euros – also 1 Million – selbst zu kaufen.
Kräftezehrende Verhandlungen mit der Stadt
Nachdem durch diese Hauskauf-Kampagne zwar viele Spenden und auch zahlreiche Kredite zustande kamen, wurde jedoch auch klar, dass 1 Million Euro enorm viel Geld ist und es zeigte sich, dass dieses Ziel womöglich nicht komplett alleine zu schaffen ist. Der bereits lange Zeit vorher entstandene öffentliche Druck und der starke Wille der Stadtgesellschaft, das Projekt zu erhalten, führten schließlich zu Gesprächen und Verhandlungen mit der Stadt Nürnberg. Wir waren froh, dass die Notwendigkeit, das P31 zu erhalten, auch auf kommunalpolitischer Ebene erkannt wurde. Während uns unterstützende Einzelpersonen aus Stadtverwaltung und Stadtrat jahrelang wohlwollend zur Seite standen, stellte sich der insgesamte Prozess gleichzeitig auch als langwierig, wechselhaft und schwierig heraus. Den Höhepunkt dieser nervlichen Zerreisprobe stellte ein in letzter Sekunde abgesagter Ausschusstermin für den geplanten politischen Beschluss dar. Hier wurde das gesamte von uns und dem Liegenschaftsamt erarbeitete Vertragskonstrukt von Stadtratsmitgliedern der CSU beinahe vollständig gekippt. Nur durch politische Kraftanstrengung kluger und unterstützender Köpfe konnte gerade noch ein „Kompromiss“ herbeigeführt werden. An dieser Stelle möchten wir uns vor allem bei der Politbande und deren Stadtrat Ernesto Buholzer Sepulveda sowie der Stadträtin Claudia Arabackyj bedanken, die sich jahrelang hinter uns gestellt und uns unterstützt haben, unsere Anliegen und die Bedeutung des P31 immer wieder mit Nachdruck im Stadtrat eingebracht sowie uns stets beratend und vermittelnd zur Seite gestanden sind.
Zwischen Vertragsblockaden und kaum tragbaren Forderungen der AAA+
Nachdem die Verhandlungen mit der Stadt Nürnberg trotz großer Einbußen unserseits eine Einigung erzielen konnten, waren es nun die beiden Eigentümer, die AAA+, die den Hauskauf immer wieder fast hätten scheitern lassen. Während wir als selbstverwaltetes Kollektiv den Kaufvertragsentwurf innerhalb eines Monats komplett durchgearbeitet, mit unserer Anwältin sämtliche Details besprochen und unsere Änderungswünsche beim Notariat eingereicht haben, war die AAA+ hierzu nicht in der Lage. Obwohl es der Gegenstand ihrer „professionellen“ Tätigkeit ist Immobiliengeschäfte durchzuführen, sagten sie die Notariatstermine über 10 Monate hinweg immer wieder ab, oft erst in der vorherigen Woche oder sogar am Tag des Unterzeichnungs-termins. Immer wieder waren sie mit den Vertragsbedingungen nicht zufrieden, wollten „nachverhandeln“, verstanden Teile der Vertrags nicht, oder begründeten ihre Absagen gar nicht. Es löste über Monate hinweg enorme Verunsicherung bei uns aus, brachte erheblichen Energieaufwand für uns, aber auch für das Notariat und die Stadt Nürnberg, und führte dazu, dass Menschen im Laufe dieses zermürbenden Prozesses wegbrachen und den Hauskauf nicht mehr mittragen konnten.
Während sie einerseits eine ausgeprägte Unprofessionalität an den Tag legten, nutzten sie andererseits unseren dringlichen Wunsch, das Haus und das Projekt31 zu erhalten, bis zum Äußersten aus und verschlechterten die Kaufvertragsbedingungen zu unseren Ungunsten immer und immer wieder. Sie machten uns stets deutlich, dass sie den Verkauf an uns sofort platzen lassen würden, wenn wir ihren Bedingungen nicht nachkommen würden und ließen uns keinerlei Raum für Verhandlung oder Kompromisse. Wir sind wütend und entsetzt darüber, wie geldgierig, chaotisch und vor allem respektlos die AAA+ den gesamten Prozess führte.
Ergebnis des ereignisreichen Kaufprozesses
Auch wenn wir die Kaufbedingungen zuletzt nur unter Zähneknirschen und viel Frust annehmen konnten, so sind wir dennoch überzeugt davon, dass das langfristige Ziel, das Projekt31 zu erhalten, über diesen einseitigen Zugeständnissen steht. Dieses Ziel haben wir nie aus den Augen verloren.
Letztendlich ist nach mehr als einem Jahr am Verhandlungstisch mit Stadt Nürnberg, AAA+ Fertigbau GmbH und uns also Folgendes entstanden: Die AAA+ verkauft das gesamte Grundstück, auf dem wir uns mit unserem Projekt befinden, an die Stadt Nürnberg, während unsere neu gegründete Staying Alive GmbH 150.000 Euro für das Gebäude bezahlt und nun ein Erbbaurecht am Grundstück mit der Stadt Nürnberg abgeschlossen wird. Diese Lösung wurde schließlich Ende 2024 final vom Nürnberger Stadtrat beschlossen und von allen Vertragsparteien am08.10.2025 notariell beurkundet.
Trotz des kräftezerrenden, von Rückschlägen und Zugeständnissen geprägte Kaufprozess, sehen wir den erfolgten Kauf und die Unterstützung durch die Stadt Nürnberg als großen Erfolg.
In faschistischen Zeiten brauchen wir antifaschistische Räume
Gerade in Zeiten eines regressiven gesellschaftlichen Umbruchs wird die Notwendigkeit ebenjener Freiräume besonders klar. Auch in Zukunft wird es Räume brauchen, in denen alle, die sich für eine tatsächlich pluralistische Gesellschaft einsetzen, besonders notwendig sein. Orte, an denen Menschen nicht aufgrund ihrer Herkunft, ihres finanziellen Status oder „Leistungsfähigkeit“ gemessen werden, sondern einfach sein dürfen. Einen Raum zu schaffen, um sich über die alltägliche Plagerei in diesem kapitalistischen Wirtschaftssystem auszutauschen, einen Schutzraum für Frauen und Queers zu erhalten und einen Ort für ein solidarisches Miteinander zu schaffen. Nicht zuletzt auch, weil wir wissen, dass so viele andere Freiräume in Nürnberg und bundesweit ebenfalls bedroht sind, kämpfen wir weiter solidarisch an deren Seite, sind laut, protestieren und unterstützen einander. Ob Heizhaus oder Wagenplatz Kristallpalast – Nürnberg braucht mehr als nur Opernhaus und Hochkultur. Der Erhalt dieser Räume für uns ist wichtiger denn je und wir gehen auch deshalb jetzt diesen Schritt, um kommenden Generationen das P31 als Erfahrungsraum zu ermöglichen!
Es geht weiter – wir geben niemals auf – geschafft haben wir das nur zusammen!
Der Erhalt des P31 wurde durch unzählige (unbezahlte) Arbeitsstunden ermöglicht, in denen Menschen an ihre individuellen Belastungsgrenzen stoßen oder gestoßen sind, sich aufgearbeitet haben, ausgeschieden und wiedergekommen sind, denn es ist klar: ein Leben in Nürnberg ohne Projekt 31 ist für viele schwer vorstellbar. Doch auch durch so unglaublich große externe Unterstützung und Menschen, die immer und uneingeschränkt stabil und solidarisch an der Seite dieses in Nürnberg einzigartigen Projektes standen, wurde es möglich, diese Perspektive zu erreichen. Es waren die Kollektive, Gruppen und Menschen, die mit uns zusammen auf der Straße waren, viele Einzelpersonen mit klugen Tipps und Ideen, die vielen Organisator*innen von Soliveranstaltungen und zahllose Spender*innen, Direktkredit-geber*innen, Stadträtin Claudia Arabackyj, die Politbande, Künstler*innen, die das Leben im P31 und die Verhältnisse besangen, unsere wunderbare Anwältin Marietta Chalvatzaki, so viele stets reaktivierbare unterstützende ehemals Aktive, Nachbar*innen und Freund*innen, sowie so viele mehr, die hier nicht mehr aufgeführt werden können, an die wir aber gerade jetzt denken! Denn eins ist klar: Ohne euch wäre dieser Erfolg niemals möglich gewesen!
Die neue Zeit beginnt jetzt
Wir haben einen großen Erfolg erzielt, indem wir das P31 für die nächsten 40 Jahre sichern konnten – und jetzt beginnt eine aufregende neue Phase!
Auch mit dem Modell des Erbbaurechts über 40 Jahre wird das Projekt weiterhin auf Unterstützung durch Direktkreditgeber*innen, Spender*innen und Fördermitglieder angewiesen sein. Das Projekt 31 muss renoviert werden und nun eine höhere monatliche Miete zahlen als bisher, um die Kredite zu tilgen und den monatlichen Erbbauzins zu stemmen. Wir begreifen es so, dass die 40 Jahre ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht unser endgültiges Ziel darstellen. Denn politisch und finanziell ist es aus unserer Sicht nötig, dass das Erbbaurecht auch nach 40 Jahren weiter verlängert wird. Das heißt, der Erhalt dieses Ortes bleibt auch weiterhin ein Kampf.
Wir blicken mit Freude auf eine intensive Zeit der Renovierungen, neuer Konzerte und der Umsetzung vieler Ideen und Veranstaltungen. Endlich können wir diesen Ort gemeinsam nach unseren Vorstellungen gestalten, ohne all unsere Kräfte in den Überlebenskampf stecken zu müssen. Dieser Schritt ist ein riesiger Erfolg für uns – und er bedeutet, dass das P31 jetzt auf einer stabileren Grundlage steht.
Langfristig wird uns vor allem eine Fördermitgliedschaft helfen, das Projekt weiter wachsen und aufblühen zu lassen. Deine Unterstützung als Fördermitglied trägt maßgeblich dazu bei, dass das P31 nicht nur bestehen bleibt, sondern sich weiterentwickeln kann. Doch auch weitere Direktkredite werden im Laufe der Zeit immer wieder für Renovierung, Instandhaltung und Finanzierung des Projekts benötigt. Wir freuen uns über jede Unterstützung, sei sie personeller oder finanzieller Natur, über neue und alte Gesichter und die gemeinsamen Momente, die dieses Haus für uns alle bereithält. Vor allem aber freuen wir uns darauf, mit euch zu feiern!
Legen wir jetzt erst richtig los! Kein Tag ohne Projekt 31!
Her mit dem schönen Leben! Wir bleiben, kommt vorbei!
Webseite: projekt 31.org
Mail: info@projekt31.org
Instagram: @projekt31_nbg
P31 Spendenkonto: DE58 7606 9559 0002 3046 51 (Spendenquittungen können ausgestellt werden)
